„Kein Ende der Gewalt? Herausforderungen der christlichen Friedensethik“

Bericht zum Friedensethischen Einweisungs- und Aufbaulehrgang vom 15. bis 20.6.2025 in Hamburg

Der diesjährige Titel der Weiterbildung war, angelehnt an das Standardwerk des Moraltheologen Eberhard Schockenhoff, als Frage formuliert; mit Blick auf das derzeitige Konfliktgeschehen, ob in der Ukraine, im Nahen Osten oder in anderem Weltregionen, darf man wohl eine Feststellung daraus machen. 

Welche Kriege und Krisen bestimmen das derzeitige Weltgeschehen? Welche Antworten hat die christliche Friedensethik auf deren Häufung und Intensivierung? Gerade jetzt sind diese Fragen hochrelevant. Konfliktdynamiken zu verstehen und immer wieder den eigenen Standort zu bestimmen ist eine wichtige Voraussetzung für die Seelsorge- und Bildungsarbeit.

Selbst die Bibel hat keine eindeutigen Antworten

Zum Auftakt gab Dr. Cornelius Friesendorf vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik Hamburg einen Überblick über wesentlichen sicherheitspolitischen Orientierungen Russlands vor dem Hintergrund des Kriegs gegen die Ukraine. Er kam aufgrund seiner Analyse zum ernüchternden Ergebnis, dass der Aufbau einer konventionellen Abschreckungsfähigkeit Europas und der Ukraine bei gleichzeitigem Erhalt einer Minimalkooperation mit Russland derzeit die einzig plausible Sicherheitsgarantie darstelle. Der Montagnachmittag gehörte Prof. em. Martin Ebner, der biblische Grundlagen und exegetische Perspektiven zur Friedensethik entfaltete. (Wann) ist Töten erlaubt? Wer erwarte, in der Bibel den Stein der Weisen zu finden, werde enttäuscht, so der Referent. Er legte mit einer historisch-kritischen Analyse verschiedener Textbeispiele dar, dass sich schon im Alten Testament die unterschiedlichsten Ansätze zur Gewaltlegitimation finden und bei Weitem nicht alles wörtlich zu nehmen sei.

Der „Ethik von Krieg und Frieden“ widmete sich am Dienstagvormittag Dr. Dr. Philipp Gisbertz-Astolfi von der Georg-August-Universität Göttingen. Sein Vortrag behandelte Grundlagen sowie wesentliche Fragen einer Ethik des Krieges wie den Schutz von Nichtkombattanten, die Rechtfertigung von Kollateralopfern und besonders herausfordernde Fälle wie Kindersoldaten, menschliche Schutzschilde oder autonome Waffen. Am darauffolgenden Tag analysierte Dr. André Bank vom German Institute for Global and Area Studies Chancen und Herausforderungen der politischen Transition in Syrien. Daran schlossen sich eine aktuelle Fragerunde zum Nahostkonflikt bzw. zum Krieg zwischen Israel und dem Iran sowie eine Gruppenarbeit zum Thema „Dealing with the Past: Möglichkeiten und Grenzen politischer Transitions- und Versöhnungsprozesse“ an (Dr. Veronika Bock/Dr. Thomas Schader, zebis). Mit dem Phänomen der moralischen Verletzungen und seinen vielfältigen psychologischen, ethischen und spirituellen Dimensionen setzten sich am Donnerstagvormittag Prof. Andreas Trampota (Institut für Theologie und Frieden) und Dr. Thomas Schader auseinander; den Abschluss am Freitag bildete der Vortrag von Pastoralreferent Michael Strodt (Pax Christi) mit dem Titel „Erziehung zum Frieden?“, der Alternativen zur gewaltsamen Konfliktbearbeitung darstellte. 

Vielfältige Themen und Methoden

Alle Referenten griffen Fragen, Anregungen und Beispiele aus dem Plenum auf und regten zur eigenen Auseinandersetzung mit der Materie an. In den nachmittäglichen Arbeitsgruppen zur Einführung in die christliche Friedensethik (Dr. Veronika Bock/Dr. Thomas Schader, zebis) sowie zum Umgang mit gewaltbelasteter Vergangenheit (Kristina Tonn/Heinrich Dierkes, zebis) – ein Thema, dem sich auch die  widmet – wurden zentrale Fragestellungen mithilfe vielfältiger Medien und methodischer Zugänge intensiv bearbeitet. Dabei stets im Fokus: die praktische Umsetzung im Lebenskundlichen Unterricht. Die Teilnehmenden aus der Katholischen Militärseelsorge in Deutschland, der Schweiz und Belgien sowie der Polizeiseelsorge blicken auf eine gelungene Veranstaltung mit aktuellen Themen, fundierten Vorträgen sowie vielfältigen Anregungen zur Weiterarbeit zurück. Wie immer boten sich auch außerhalb des Seminarraums – etwa bei der Führung durch den nahe gelegenen Dom – zahlreiche Gelegenheiten für persönlichen Austausch und Vernetzung.

Termin zum Vormerken: Im kommenden Jahr findet der Friedensethische Lehrgang vom 21. bis 26. Juni statt.

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