Hamburg - 11.09.2023

‚Resilienz‘ – was wir brauchen, können und zahlen wollen

Generalleutnant a.D. Dr. -Ing. Ansgar Rieks war von 2017-2023 Stellvertreter des Inspekteurs der Luftwaffe. Von 2014-2017 war er erster Amtschef Luftfahrtamt der Bundeswehr, Köln-Wahn. Von 2013-2014 Amtschef Luftwaffenunterstützungskommando, Köln-Wahn und Kommandeur Kommando Unterstützungsverbände, Köln-Wahn; davor diverse Verwendungen im In- und Ausland. Er trat am 3.7.1978 in die Bundeswehr ein.

Einführung: Buzzwords und ihre Hypes

Gerade sehe ich in der Tagesschau die Bilanz der Cyberkriminalität der letzten Jahre. Der IT-Verband BITKOM schätzt den Schaden für die deutsche Wirtschaft auf ca. 200 Mrd. Euro jährlich. Angesichts dieser Zahlen frage ich mich, warum wir da nicht widerstandsfähiger - sprich: ‚resilienter‘ - sind. Resilienz ist mittlerweile ein zunehmend wichtiger Faktor in vielen Bereichen geworden. Ich höre den Begriff immer öfter; er ist regelrecht zu einem Hype geworden: „Wir müssen resilienter werden!“. Allerdings scheiden sich die Geister, wenn man danach fragt, was sich konkret hinter dem Buzzword „Resilienz“ verbirgt. Resilienz besitzt halt keinerlei innere Fachlichkeit. Sie ist allenfalls ein Begriff, ein positiv besetztes Schlagwort, um gegen äußere Einflüsse geschützt oder gar immun zu sein. Laut Wikipedia wird Resilienz (abgeleitet von lateinisch resilire) als ‚Anpassungsfähigkeit, zurückspringen, abprallen, nicht anhaften‘ definiert. 

Im Allgemeinen verbinden wir mit Resilienz also eine Art Schutz, Durchhaltefähigkeit oder Stabilität in herausfordernden Lagen. In einfachen Worten enthält Resilienz am Beispiel also die zwei Fragen: „Wie stabil stehe ich?“ und „Wie schnell kann ich wieder aufstehen, wenn ich gefallen bin?“. Sie ist letztlich eine Risikovorsorge, bei der erkannte oder latente Risiken zentral für die Betrachtung sind. 

Dennoch bleibt die Frage, „Was tun Sie konkret, um Ihre Resilienz zu stärken?“, häufig unbeantwortet, oder sie wird bestenfalls mit einigen wenigen Beispielen versehen. Wenn also Resilienz also dazu dient, unsere Lebensumgebung auch bei Herausforderungen zu schützen, müssen wir genauer analysieren, was wir tatsächlich tun wollen, anstatt uns nur oberflächlich mit dem Begriff zu befassen. Das gilt auf allen Ebenen und in allen Bereichen unseres Lebens und Seins.

Resilienzbereiche: vom Großen zum Kleinen

Ebenso wie in dem obigen Beispiel der Cyber-Resilienz gehen wir oft davon aus, dass die Politik unseren Staat, die Wirtschaft unsere Produktionsstätten, die Gesellschaft unser Zusammenleben - oder auch die Kirche unseren Glauben - resilienter machen muss. Das mag zutreffen. Doch jenseits der dann zu definierenden Maßnahmen bleibt uns manchmal verborgen, dass wir selbst – ganz individuell – ebenso gefragt sind. Unser tägliches Leben steht auf ziemlich fragilen Grundlagen. 

Allein die Schließung eines Kindergartens in Corona Zeiten hat ganze Familien in Nöte gebracht. Der Streik im öffentlichen Nahverkehr lässt für Tage keine geordnete Arbeit mehr zu. Und ein Versorgungsengpass bei Toilettenpapier hat gezeigt, wie wenig resilient wir sind. Der Roman „Blackout“ von Marc Elsberg hat in meiner Familie eine durchaus intensive Diskussion hervorgerufen, ob wir uns denn nun einen Generator und die dazu gehörende Menge an Brennstoff in die Garage stellen. Wenn es konkret wird, ist Resilienz umstritten. Es gibt daher eine umfassende Resilienzforschung.

Gleichzeitig stellt sich für viele Menschen die Frage: „Brauche ‚ich‘ Resilienz angesichts der sicherzustellenden Aufgaben des Staates, der Gesellschaft, meiner Firma, meiner Versorgung von außen?“.

Wenn wir jedoch Resilienz einfordern, verwenden wir häufig Adjektive, wie „europäische“ Resilienz und zeigen damit auf andere, größere Akteure und Verantwortlichkeiten oberhalb von uns. Ich bin ein Fan davon, nicht immer alles dem ‚Kleinen Mann‘ aufzuladen und im Großen weiterzumachen wie bisher - aus staatlicher oder gesellschaftlicher Sicht. Ein Beispiel dafür ist die Aufforderung, weniger Fleisch zu essen, um den CO 2 Ausstoß zu verringern, während wir zugleich den weltweiten Schiffsverkehr unangetastet lassen. Das Fazit lautet: Resilienz ist auf allen Ebenen und in allen Bereichen abgestimmt gemeinsam zu realisieren. Sie fängt aber auch im Kleinen - bei mir zuhause - an. 

Eine weitere, ganz andere Dimension, die bei der Betrachtung von Resilienz berücksichtigt werden muss, ist die Resilienz in der Ethik. Auf internationaler Ebene – wie auch im persönlichen – stehen wir angesichts zunehmender Technikentwicklung und persönlicher Individualisierung viel häufiger vor der Gefahr, moralisches Terrain zu verlassen. Resilienz in der Ethik verlangt, dass wir uns über die Ethik und ihre kriterienorientierte Anwendung im Klaren sind. Auch hier gilt das Prinzip ‚Vom Großen zum Kleinen‘. Resilienz ist wie Digitalisierung; sie verändert alle Bereiche unseres Lebens, wenn sie zur Anwendung kommt.

Können wir Krisen? Die Black Swans der nahen Vergangenheit

Nassim Nicholas Taleb entwickelte 2001 seine „Black Swan“ Theorie. Sie beschreibt als Metapher Ereignisse, die überraschend eintreten, große Auswirkungen haben, oft unzureichend vorhergesagt werden, und aus denen meistens nur ungenügend schlussgefolgert wird. Black Swans sind danach plötzlich auftretende, besondere Krisenlagen. Die nahe Vergangenheit gibt uns zahlreiche Beispiele, wie widerstandsfähig bzw. resilient wir gegen Black Swans sind. Der Ausgangspunkt/ die Lagefeststellung ist stets ein wichtiger Faktor, wieviel Aufwand und Investition wir in die Schaffung von Resilienz stecken möchten. 

Können wir Krisen? Eine Analyse der Flüchtlingskrise von 2015, des Hochwassers im Ahrtal und Umgebung, der Corona Pandemie oder des Ukraine Krieges kann in einem Artikel wie diesem nicht geleistet werden. Dennoch waren sowohl auf staatlicher als auch auf persönlicher Ebene, die Hilfsmaßnahmen, die Solidarität, die Maßnahmen zur Abfederung der Krise, der Einsatz von Hilfskräften und die Hilfe durch Nachbarschaft, Freundeskreis, und auch jenseits dessen von anderen Menschen außergewöhnlich groß. 

Die Maßnahmen aller westlich-demokratischer Staaten, insbesondere auch der NATO, zur Unterstützung der Ukraine sowie zum Schutz des Bündnisses und jedes einzelnen Staates unterscheiden sich deutlich von der Aussage des französischen Präsidenten über den angeblichen Hirntod des transatlantischen Bündnisses. Die politischen Maßnahmen zur Abwendung einer Energiekrise angesichts ausbleibenden russischen Erdgases waren bis heute recht erfolgreich. 

Ohne sich allzu weit aus dem Fenster zu lehnen, und ohne zu behaupten, dass wir schon alle denkbaren Krisen erlebt haben, kann man grundsätzlich feststellen: Deutschland kann Krisen bewältigen. Ein koordiniertes - oder auch zunächst nur engagiertes - Handeln schafft Resilienz. Vier Feststellungen können aber – auch jenseits der positiven Aussage – abgeleitet werden:

  • Demokratie mit ihrer Vielfalt an Perspektiven lähmt oft ein präventives Vorgehen. Das mag an einer gewissen Scheu liegen, die vom Wähler übertragene Verantwortung auszuführen oder möglicherweise öffentlich dafür gerügt zu werden. Jeder Landrat an der Swist oder Ahr hätte mit einer umfassenden Hochwasser-Strategie und den Kosten dafür 'vor der Flut' viel Gegenwind bekommen.
  • Persönliche Betroffenheit (oder die Betroffenheit des Umfeldes) lässt Menschen mehr und eher handeln – auch wenn die Spendenbereitschaft für internationale Krisen auch allgemein groß ist. Die Bundeswehr zur Corona Hilfe anzufordern, war mit der Zeit selbst in Berlin eine Option, wo man es aus politischen Gründen vermeiden wollte.
  • Die Bewältigung einer Krise führt oft entweder zu einem umfassenden neuen Regelwerk mit Verboten und Einschränkungen, die über das notwendige Resilienz-Maß hinausgehen, oder sie wird als singulär dargestellt. Statt eines Handlungsrahmens für die eigene Verantwortung sind Regelwerke der ‚sicherere Weg‘, nicht aber immer der sinnvollere. Das Maß der Resilienz ist also schwer einzustellen. Die Regelung des Straßenverkehrs zeigt hierzu zahlreiche Beispiele.
  • Und letztlich: Zur Krisenbewältigung greifen wir zu hilfreichen Mitteln, die ganz und gar zu anderen Zeiten undenkbar gewesen wären. 100 Mrd. Euro für die Ausstattung der Bundeswehr wären ohne die Zeitenwende des Ukraine Kriegs völlig undenkbar gewesen.

Zusammenfassend haben wir in der jüngeren Vergangenheit die Black Swans wenig vorausgesehen; wenn sie einmal eingeflogen waren, haben wir sie jedoch gut eingehegt. Dennoch ist systematisch für Resilienz zu differenzieren, ob sie präventiv (wieviel und welche Vorsorge?!), während eines Ereignisses (Soforthilfe und Engagement), oder nach einer Krise (die Lessons Learned) erreicht wird. 

Neben dem oben aufgezeigten ‚wozu und wieviel‘ ist damit die dritte Dimension von Resilienz das ‚wann‘ benannt. Diese drei Resilienzdimensionen gilt es in allen fachlichen Anwendungen zu beantworten – möglicherweise sogar je anders. 

Ohne eine Fixierung eines angemessenen Resilienz-Ziels sind unsere Maßnahmen zu teuer, zu spät, zu wenig oder gar unwirksam. 

Vier Fallbeispiele: 

Im Folgenden sollen die o.a. Fragen und Erkenntnisse in vier Anwendungsbereichen betrachtet werden. Es handelt sich um eine Auswahl. Angesichts dieses Artikels wäre ein weiteres interessantes Untersuchungsfeld auch die Resilienz der Katholischen Kirche in Deutschland. Eine solche Untersuchung hätte aber absehbar einen größeren Umfang; sie wäre auch von fachkundigerer Hand zu schreiben. Daher werde ich mich auf die folgenden vier Fallbeispiele mit je einem kurzen Überblick beschränken:

Verteidigung

Wer die Zeiten des Kalten Krieges noch persönlich kennt, versteht die Notwendigkeit, militärisch und in der Zivilverteidigung ‚ordentlich‘ aufgestellt zu sein. „Kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen“, war der damalige Leitspruch. Obwohl die Nachrüstungsdebatte die ‚Art‘ der Bewaffnung, und die Entwicklung der Strategie die ‚Form‘ der Verteidigung diskutierte, gab es im Grunde keine Debatte über die Resilienz des Staates, weder über den Schutz gegen äußere Bedrohungen und Angriffe, noch über eine eventuelle Rekonstitutionsfähigkeit. Mit dem Fall der Mauer haben die Menschen in Deutschland – mehr als alle Nationen um uns herum – das „Ende der Geschichte“ angenommen. Es schien offensichtlich nur eine Frage der Zeit zu sein, bis die Welt dem Beispiel der Entspannung und der Wiedervereinigung folgen und friedlich werden würde. Welche äußeren Bedrohungen erforderten also noch Resilienz? Das internationale Krisenmanagement wurde eher als eine außenpolitische als eine Resilienz-Frage behandelt. 

Die konsequente – und auch politisch angenehme – Folge ist bekannt; die ‚Friedensdividende‘ konnte eingefahren, die Bundeswehr und der Zivilschutz deutlich zurückgefahren, und das Bewusstsein auf andere politische Notwendigkeiten konzentriert werden. 

Höhepunkt der Entwicklung war das freiwillige Angebot des damals noch sehr populären Verteidigungsministers zu Guttenberg im Jahr 2010, den ca. 31 Mrd. Euro umfassenden Verteidigungshaushalt um 8,3 Mrd. Euro in vier Jahren zu reduzieren. Gesellschaft und Politik haben - auch nach der russischen Annexion der Krim und von Teilen der Ostukraine im Jahr 2014 - nur langsam erkannt, dass ein Umdenken erforderlich ist. Die Ministerinnen dieser Zeit erhielten zwar einen jährlichen Aufwuchs im Verteidigungshaushalt, der damalige Finanzminister Scholz ließ aber je einen konstanten oder gar fallenden Finanzplan über die Folgejahre zu, was größere langjährige Beschaffungen von Fähigkeiten so gut wie unmöglich machte.

Umso mehr war es für ihn als Bundeskanzler wohl eine wirklich gefühlte notwendige Zeitenwende, Artikel 87 a GG seine alte Bedeutung zurückzugeben, „Streitkräfte zur Verteidigung aufzustellen“ und ein Sondervermögen von 100 Mrd. Euro einzurichten, sowie das Versprechen abzugeben, 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts jährlich für Verteidigung auszugeben. Zeitenwenden sind oft auch sehr persönlich.

Seitdem hat ‚Resilienz‘ eine erweiterte Bedeutung erhalten; Generalinspekteur, Carsten Breuer betonte es Anfang Juli 2023 wie folgt: „Die alte Formel ‚Kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen‘ reicht nicht mehr. … Das Ziel muss sein: ‚Gewinnen wollen, weil wir gewinnen müssen‘.“ Konkret ausformuliert, hat das sechs Konsequenzen: 

  1. Resilienz ist wieder gegen einen definierten und gut aufgestellten Gegner (Russland) zu erzeugen. Sinnvollerweise sind die Gefahren aus Nah- und Mittelost, aus China und weiteren Regionen mit einzubeziehen. Das bedeutet, eine Analyse der notwendigen eigenen militärischen Fähigkeiten vor dem Hintergrund eines neuen Kriegsbildes.
  2. Dazu ist es notwendig, nicht ungesteuert technologische Entwicklungen ‚entstehen‘ zu lassen, um dann zu überlegen, wo sie denn die militärischen Fähigkeiten prägen könnten, sondern umgekehrt oder zumindest abgestimmt-parallel vorzugehen. Gut beschriebene operative Notwendigkeiten der näheren und weiteren Zukunft sind durch aufkommende Technologien modern und leistungsfähig zu realisieren.
  3. Im Krieg werden Verluste erlitten. Resilienz korreliert dabei mit einer Rekonstitutionsfähigkeit im materiellen und personellen Bereich. Neben einer ausreichenden Ausstattung mit Waffensystemen, Ersatzteilen und Munition, die allgemein mit der 'Durchhaltefähigkeit' berechnet wird, ist eine starke, ausgebildete und verfügbare personelle Reserve entscheidend. Ob und ggf. wie eine solche Reserve durch eine allgemeine Wehr- oder Bürgerpflicht unterstützt werden kann, wäre zu untersuchen. In jedem Fall ist eine gesicherte Verfügbarkeit gesetzlich, mit den entsendenden Firmen und der Vorbereitung der Reservisten sicherzustellen. 

Damit verbunden ist auch eine gewisse ‚Opferbereitschaft‘ der Bevölkerung Grundlage von Resilienz. Die Ukraine ist ein gutes Beispiel hierfür.

  1. Resilienz ist nur gemeinsam im Bündnis herzustellen, denn nur im Bündnis sind wir verteidigungsfähig. Dazu ist noch mehr als zuvor ein koordiniertes Vorgehen mit den (NATO- und Werte-) Partnern herzustellen. 'Interoperability by Procurement', wie bei der F 35, ist schnell in ein militärisches Zusammenwirken mit offenen sicheren Standards zu überführen. Resilienz hat insgesamt eine starke Dimension ‚Bündnissolidarität‘.
  2. Zivilschutz und militärische Verteidigung können nur zusammen Resilienz gegenüber äußeren Angriffen herstellen. Der Schutz der kritischen Infrastruktur – auch gegenüber bereits hybriden und Cyber-Bedrohungen – wird bereits stärker in den Mittelpunkt der Betrachtungen gezogen. Die Bildung eines Territorialen Führungskommandos ist eine weitere Konsequenz daraus. Allerdings ist der Bevölkerungsschutz neu aufzustellen; ein breites Feld von Schutzbauten, über Cyber-Sicherheit und eine garantierte Energieversorgung, sind einige Beispiele.
  3. Und letztlich hat Resilienz eine starke Bevölkerungs-spezifische Dimension. Die Übung ‚Air Defender 2023‘ mit dem Einsatz von über 230 Luftfahrzeugen, von denen 130 aus den USA nach Deutschland überführt wurden, ist von fast allen Teilen der Bevölkerung begrüßt worden, eine Einschränkung des Urlaubsflugverkehrs allenfalls bei wenigen Urlaubern (sie hat auch kaum stattgefunden). Resilienz in der Verteidigung erreichen wir nur, wenn wir bei uns selbst beginnen. 

Insgesamt ist Resilienz im Bereich der Verteidigung – trotz der hehren und notwendigen Forderungen in den sechs Punkten – nur schrittweise zu erzeugen. Aber wir haben den Nachholbedarf und das Umsteuern der ‚Zeitenwende‘, nicht nur im finanziellen Bereich, erkannt. Nun bedarf es der Operationalisierung und Umsetzung. Es bleibt zu hoffen, dass eine zu wünschende positive Entwicklung im Russland-Ukraine-Krieg das weitere Vorgehen nicht erneut verändert oder gar zurücknimmt. 

Im Militärischen sind aufgrund der Komplexität und Vielfältigkeit Entwicklungen stets längerfristiger als im volatilen Politischen. Es bedarf der politischen Weitsicht, das jetzt zu erkennen und strategisch heute richtig beschrittene Pfade morgen nicht leichtfertig wieder zu verlassen. Resilienz wird – wie Rom – nicht an einem Tag erbaut.

Wirtschaft

Am 23. April 2020 hat das Institut der deutschen Wirtschaft die Abhängigkeit von internationalen Lieferketten umfassend beschrieben. Rückblickend auf das Jahr 2019 wird der Wert importierter Vorprodukte auf 606 Mrd. Euro beziffert, was gut 55 Prozent der Warenimporte Deutschlands ausmache. Zwei Drittel davon sind Importe aus den EU Mitgliedsstaaten, in etwa fünf Prozent je aus den USA und aus China. 

Klar ausgesprochen wird die Begründung: „Outsourcing, Offshoring und schlanke Produktionslinien, verbunden mit geringen Lagerbeständen, haben die deutsche Wirtschaft anfällig für Unterbrechungen in den Lieferketten und Versorgungsengpässe gemacht. Es handelt sich also um einen Trade-off zwischen niedrigeren Preisen der Vorprodukte und dem erhöhten Risiko, abhängig von den weltweiten Lieferketten zu sein.“ 

Interessant ist die Einschätzung von ‚damals‘, also vor dem russischen Angriff auf die Ukraine: „Eine krisenmotivierte Restrukturierung von internationalen Wertschöpfungsketten birgt die Gefahr, die Errungenschaften der letzten Jahre rückgängig zu machen.“ Wirtschaftlichkeit wird damit klar vor eine geringer bewertete Resilienz gesetzt. 

Diese Einschätzung dürfte zwar aus Gründen der Konkurrenzfähigkeit auf dem Weltmarkt auch heute nicht ins völlige Gegenteil gewandelt sein, allerdings herrscht politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich mit der Corona-Krise und der sicherheitspolitischen Situation heute eine deutlich andere Bewertung vor. ‚Made in Germany‘ – wenn es nicht nur die Systemfähigkeit oder die Endmontage betrifft – hat eine erneuerte wichtige Bedeutung.

Abhängigkeiten von Anderen sind damit reziprok zu einer zu definierenden notwendigen und hinreichenden Resilienz. Dabei gibt es verschiedene Parameter, die alle zu definieren sind:

  • Von welchen „Anderen“ bzw. Nationen existiert die Abhängigkeit?
  • Um welche Güter handelt es sich – betrifft es die Grundversorgung der Bevölkerung, Industrie-, oder Luxus-Konsumgüter?
  • Wäre die Abhängigkeit kurzfristig im eigenen Land im Krisenfall zu kompensieren?
  • Welche demokratischen oder Menschenrechts-Mindeststandards sind durch ‚relativ sichere‘ Liefer-Partner zu erfüllen?
  • Und letztlich: In welchem in einer Krise notwendigem Umfang ist eine eigene Resilienz sicherzustellen?

Die Maßnahmen und Aktivitäten der Bundesregierung zur Sicherstellung der Energieversorgung - ohne eine (gesicherte) russische Gasversorgung angesichts des am 24. Februar 2022 erfolgten russischen Angriffs auf die Ukraine und die Nicht-Inbetriebnahme der Ostseepipeline Nord Stream 2 - sprechen eine eigene Sprache. Energie ist für die deutsche Wirtschaftsnation und Bevölkerung von äußerster Wichtigkeit. Die o.a. Fragen wurden – ohne sie als solche offen zu beantworten – eindeutig zugunsten der Energiesicherheit beantwortet. Bis auf Weiteres bleiben aber Abhängigkeiten bestehen. In Finanzfragen wird häufig eine ‚Diversifizierung‘ der Geldanlage empfohlen. Eine nicht vollständig erreichbare Resilienz lebt davon auch. 

Insgesamt gilt es, politische – teils parteipolitische – Grundsätze im Verhältnis zu den Resilienz-Notwendigkeiten zu bewerten. Es ist wie so häufig in der Politik, dass manchmal Regierungsverantwortung andere Ergebnisse bringt als eigene Grundüberzeugungen.

Informationstechnologie/Digitalisierung

Das IBM Forschungszentrum in Rüschlikon oberhalb des Zürichsees in der Schweiz wird von einigen Wissenschaftlern als das Mekka des Quantencomputings bezeichnet. Dort werden zurzeit u.a. Chips entwickelt, die statt Elektronen Photonen, also Lichtteilchen verwenden. Dabei spielen u.a. Energie-, Rohstoff-, Emissions- und Liefereffizienz eine sehr große Rolle. Deutsche Großforschungseinrichtungen, wie die deutsche Fraunhofer Gesellschaft, kooperieren mit dem Forschungszentrum. Die logische Folge: ‚Technologie fördert Effizienz, und Effizienz fördert Resilienz‘, ist zulässig und folgerichtig. 

Informationstechnologie ist ein wichtiger Faktor der Resilienzförderung. Zugleich schafft sie, z.B. durch mögliche Cyberangriffe, neue Angriffsmöglichkeiten und damit Verwundbarkeiten, die einer Resilienz entgegenstehen. Unabhängig davon, ob man die Waage sich eher auf die eine oder auf die andere Seite neigen sieht, ist klar, dass Digitalisierung und Informationstechnologie nicht mehr aus unserer modernen Welt ‚wegzudenken‘ oder ‚zurückzuentwickeln‘ sind. Digitalisierung ist damit zu einem unabdingbaren Faktor technologisch, wirtschaftlich und auch gesellschaftlich geworden. 

Helmut Graf von Moltke wird das Zitat zugesprochen: „Einfaches Handeln, folgerichtig durchgeführt, wird am sichersten das Ziel erreichen“. Diese Erkenntnis ist angesichts der notwendigen Technisierung und ihrer Komplexität, um präzise, durchsetzungsfähig und erfolgreich zu sein, künftig technologisch wohl in Frage zu stellen. 

Der technische Resilienz-Begriff weitet sich in politische, rechtliche, ethische Dimensionen, wenn wir in den Streitkräften die Rahmenbedingungen für das Führen, Aufklären, Wirken und Unterstützen (FAWU) in einer neuen digitalisierten Welt zu ‚garantieren‘ haben.

Die politische ‚Firewall‘ einer Bundestags-Entscheidung vor jedem Einsatz, die Einbindung der Streitkräfte als „Parlamentsarmee“ und die ethische Bildung in den Streitkräften sind ein starker Resilienz-Anker in jeder Hinsicht. Dennoch sind beste Absichten und entsprechende Ausbildung nicht immer ein „Garant“. Daher kommt der wissenschaftlichen Entwicklung eines ‚Ethical Design‘ eine immer stärker werdende Bedeutung zu. In der „Arbeitsgruppe Technikverantwortung“ zum Future Combat Air System (FCAS), das derzeit mit Frankreich und Spanien entwickelt wird, steht ein solches Ethical Design im Vordergrund. 

Auf den Punkt gebracht, lautet die Frage: „Wie kann ein ethischer Waffensystemeinsatz durch Digitalisierung und Technik resilient gegen einen unsachgemäßen, widerrechtlichen und unethischen Gebrauch garantiert werden?“ Es ist absehbar, dass dabei Fortschritte entwickelt und einbezogen werden können, aber drei Aspekte eine besondere Rolle spielen:

  • Die „Ethik“ eines Ethical Design muss bestimmt werden.
  • Die Funktionsfähigkeit von FCAS darf nur bei ‚unethischem Einsatz‘ eingeschränkt werden.
  • Ethische Resilienz muss technisch sinnvoll, bezahlbar und funktionsfähig realisierbar sein.

Um es auf den Punkt zu bringen, hat technische Resilienz einige konkrete Folgerungen:

Technik in Waffensystemen, die zwar die Präzision und Durchsetzungskraft deutlich erhöht, aber bei der ersten Einflussnahme von außen nicht mehr funktioniert, ist nicht einsatztauglich. 

Umfassende, aus einer Vielzahl von Daten zusammengefügte Lagebilder sind nur dann hilfreich und verfügbar, wenn die Daten auch bei einer Cyber-Bedrohung unverfälscht und vollständig vorliegen. 

Ein System der Systeme – oder ein Multi-Domain-Warfighting als Folge daraus – mögen als operative Idee gegenüber einem militärisch guten und modern aufgestellten Gegner notwendig sein, hinreichend sind sie nur, wenn die dafür benutzte Technik und Digitalisierung sich als ausreichend 'standhaft' auch im Krieg erweist. 

Angesichts der Spanne vom 'Infanteristen der Zukunft' bis hin zum modernen Kampfflugzeug ist von dieser Diskussion keine Ebene mehr ausgenommen. Mit Blick auf die Digitalisierung der Bundeswehr entsteht eine notwendige Resilienz aus einer Vielzahl einzelner Ansätze, die von Beginn an Beachtung verdienen. Vier solcher Ansätze sind:

  • Bewusstsein

Das Wissen des Operateurs um eine Cyber Bedrohung, die nicht nur Daten „unterdrückt“, sondern auch verändert oder hinzufügt, ermöglicht ihm bei Anomalien eine besondere Sorgfalt oder ergänzende Prüfungen bei seinem Handeln und seinen Entscheidungen einzubeziehen.

  • Mehrfache Auslegung und Übertragungswege

Daten an mehreren Orten abzulegen – im Sinne einer Cloud als System of Systems – bzw. Auswertungen und Rechenleistung mehrfach abzubilden, garantiert die Funktionsfähigkeit auch bei gegnerischem Einwirken auf eines der Elemente. Gleiches gilt, wenn mehrfache Übertragungswege eingerichtet sind.

  • Sichere Datenübertragung

Die Datenwege zwischen den Komponenten eines System of Systems - also einfach ausgedrückt - zwischen Kommandoflugzeugen (Command Fightern) und ihren Drohnen (Remote Carriern), zwischen zentraler Datenhaltung am Boden (Cloud) und im System selbst (Edge), oder auch zwischen den zentralen militärischen Datenhaltungen (Combat Clouds) eines Systems für alle Dimensionen 'Land, Luft, See, Cyber und Weltraum' (Multi Domain) müssen auch in einer Cyber-bedrohten Umwelt funktionieren. Laserkommunikation, Verschlüsselung und Boost-Übertragungen von vorausgewerteten Daten sind Ansätze.

  • Offensive Elektronische Mittel

Eigene digitale Funktionsfähigkeit wird erheblich gestärkt, wenn die gegnerischen Einflussmöglichkeiten aktiv unterdrückt werden können. 

Die ‚Electronic Order of Battle‘ hat in der Zukunft wieder einen viel höheren Stellenwert als in den letzten Jahrzehnten. Das reicht von eigenen Cyber-, über begleitende Airborne Electronic Attack-Fähigkeiten, bis hin zur Fähigkeit, gegnerische Mittel und Kräfte zu identifizieren und klassisch durch Waffenwirkung auszuschalten.

Eine abschließende Betrachtung in diesem Fallbeispiel der Informationstechnologie und Digitalisierung muss den Daten und ihrer Sicherheit gelten. Selbst im persönlichen Bereich ist die Datenfülle oft so groß, dass wir sie in Clouds – sprich in abgesetzte Datenspeicher – transferieren. Angesichts der immer größeren Verfügbarkeit und Notwendigkeit von Daten in technischen Systemen, ist eine proprietäre Datenhaltung nur begrenzt sinnvoll. 

Bei allen notwendigen und erfolgversprechenden Ansätzen einer Cloud-basierten Datenverarbeitung mit entsprechenden zentralen Ansätzen für eine Datenfusion und -verteilung, ist allerdings die Rückfallposition bei einer Unterbrechung der Datenversorgung oder einer Störung der Datenqualität und -sicherheit planerisch einzubeziehen. Hierzu sind einerseits vorgesehene und programmierte Automatismen eine Lösung (Fortsetzen des Auftrags mit den vorhandenen Informationen), als auch die klassische Auftragstaktik für einen menschlichen Operateur – ggf. in Kombination der beiden Ansätze. 

Andererseits ist für eine Resilienz die Frage zu beantworten: „Wieviel Cloud-Basiertheit brauche ich? – und wieviel Daten plane ich in der ‚Edge‘, also im bzw. am System selbst zu halten, zu bearbeiten und zu nutzen?“ Der Schieberegler zwischen diesen beiden Polen ist einzustellen. 

Alle möglichen Maßnahmen einer Detektion von Cyber-Angriffen jeder Art, sowie der Cyber-Schutz sind für eine resiliente Auftragserfüllung inzwischen selbstverständlich. 

Meine Bitte nach einer ‚Cyber-Zertifizierung‘ eines Geräts – ähnlich einer Zertifizierung von Lebensmitteln – hat noch vor Kurzem zu Stirnrunzeln oder fragendem Schmunzeln geführt. Sie wäre der Einschätzung eigener Resilienz äußerst dienlich.

Der Mensch

Die Zahl der Ratgeber für alle Lebenslagen ist groß; sie macht ganze Abteilungen in Buchläden aus. Man könnte fragen, ob dies auch mit dem Ausbleiben (auch kirchlicher) ‚Verkündigung‘ einhergeht. Man muss wissen, was man glaubt. Es ist also ein Bedarf der Leserinnen und Leser vorhanden, mit Ratschlägen besser durch die Stromschnellen des Lebens zu kommen und herausfordernde oder schwierige Situationen besser bestehen zu können. Der Einfachheit halber kann man also behaupten, dass der Wunsch nach 'Stressresilienz' klar existiert. 

Das Institut für Management-Innovation von Professor Dr. Pelz hat diese Widerstandsfähigkeit im persönlichen Bereich an acht Resilienzfaktoren festgemacht, von denen vier relativ stabile angeborene Faktoren kaum veränderbare Eigenschaften eines Menschen sind, nämlich Optimismus, Cleverness und praktische Intelligenz, Vertrauen und innere Stärke auf der Basis fest verwurzelter Werte. Zugleich werden vier erlernbare Fähigkeiten beschrieben mit: Zielorientierung, Stimmungsmanagement, Selbstwirksamkeit (das Vertrauen in eigene Stärken) und Selbstdisziplin. 

Egal ob sie diese Faktoren – man könnte sie auch als ‚Tugenden‘ bezeichnen – als hinreichend differenziert oder als groben Anhalt bewerten, sind für den einzelnen Menschen drei Dinge offensichtlich:

  • Wir alle benötigen persönliche Resilienz, aber das notwendige Maß ist unterschiedlich, da sich sowohl unsere familiären, sozialen und beruflichen Situationen unterscheiden. Eine Notärztin wird bei ihrer Arbeit sicherlich mehr Resilienz benötigen als ein Barkeeper im Golfclub, obwohl man die Herausforderungen von Barkeepern nicht unterschätzen sollte.
  • Resilienz ist offensichtlich in Teilen in der Persönlichkeit verankert, in Teilen aber auch erlernbar. Die erlernbaren Fähigkeiten sind zu fördern. An der Offiziersschule war ein Ausbildungsgang zu meiner Zeit der ‚Umgang mit schwierigen Untergebenen‘. (Eine sinnvolle Ergänzung wäre der ‚Umgang mit schwierigen Vorgesetzten‘ gewesen, weiß ich heute…). Schülerinnen und Schüler lernen in der Schule in vielfältigen Kontexten Selbstbewusstsein aufzubauen und Konflikte zu lösen. Das sind zwei Beispiele für Ansätze, Resilienz zu erhöhen.

- Und drittens – damit zusammenhängend: jenseits aller flexibel erlernbaren Fähigkeiten, spielen Werte eine Rolle. Ethische Bildung, also das ‚Erwecken und Sichtbarmachen‘ von Werten und Normen, spielen für die persönliche Resilienz eine nicht unerhebliche Rolle. "Not lehrt Beten" erklärt sich damit unter neuer Bedeutung. 

Es ist offensichtlich, dass persönliche Resilienz nicht ohne Auswirkungen ist, einerseits als Stressresistenz bei privaten, sozialen, beruflichen oder gesellschaftlichen Herausforderungen oder gar Überlastungen, und andererseits auch in der eigenen Einstellung zu politischen, gesellschaftlichen und persönlichen Entwicklungen. Die Vielzahl der Wählerstimmen für extrem rechte und linke Parteien in manchen Brennpunkten unserer Republik mögen vielfältige Begründungsmuster haben, aber die oben genannten Resilienzfaktoren, wie Optimismus, Vertrauen oder fest verwurzelte Werte (ggf. 'auch' an nur geringer Religionszugehörigkeit festzumachen) sind dort verringert anzutreffen. 

Es scheint also eine Verbindung zwischen den Lebensverhältnissen, den Perspektiven der Menschen und ihrer Resilienz gegen extreme politische Ideen zu geben. Nun ist diese Korrelation keine große Neuigkeit. Sie ergibt sich hier nur logisch neu. 

Eine spannende Frage hierbei ist, wo und wie es Ansatzpunkte des Handelns geben kann. Während die Verbesserung der Lebensverhältnisse, das Herstellen der vom damaligen Bundeskanzler versprochenen "blühenden Landschaften" im Osten ‚und‘ Westen unzweifelhaft Menschen in die Mitte der Gesellschaft holt, ist die Förderung von Resilienz durch Persönlichkeitsbildung, ethische Schulbildung, persönliche Wertschätzung durch Sozialarbeit oder religiöse ‚Unterweisung‘ deutlich schwieriger. "Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral", so Berthold Brecht. Zugleich sind sicher alle Hebel zugleich zu bewegen. Katholikentage in Leipzig 2016 und in Erfurt 2024 mögen 'ein' solcher Hebel sein, wobei sie im immer säkularer werdenden Westen nicht weniger bedeutungsvolle Werkzeuge sein können.

Ein wichtiger Aspekt sei noch ergänzt: da der Mensch allgemein ein geselliges Wesen ist (und hat), fangen Gemeinschaften und Gruppen vieles auf. Man fühlt sich selbst dann getragen, wenn das An-der-Seite-stehen nur deklaratorisch, aber irgendwie sichtbar ist, z.B. durch eine Uniform des Musikvereins, in dem ich mein Instrument spiele. Sinn braucht auch Form. 

Ferner: Wie viele Menschen haben sich in meiner Dienstzeit nur für mein Zuhören bedankt. Infolgedessen sollten wir mehr denn je Gruppen stärken und unterstützen, seien es gesellschaftliche, persönliche, religiöse oder mit einem gemeinsamen Hobby, einer gemeinsamen Tätigkeit verbundene Gruppen. 

Resilienz entsteht auch – und häufig sichtbar - im Miteinander! 

Der vielfach gepriesene Individualismus, Diversity und die absolute Selbstverwirklichung sollten viel weniger angestrebte Lebensziele sein, als die - leider immer mehr verwässerten und nicht mehr in den Mittelpunkt der Erziehung gestellten – prägenden gemeinsamen Werte und Normen (jenseits der demokratischen Grundordnung und der gesetzlichen Vorgaben, über die es keine Diskussion geben sollte und darf.) 

Stark in Gemeinschaften verwurzelte Menschen sind viel resilienter gegen extreme Ansichten, als wenn sie allein sind. Sie können aus ihrer Stärke heraus, 'anders-Seiende' oder Hinzukommende besser integrieren und zugleich sich gegen Feinde der demokratischen Grundordnung durchsetzen.1 Gemeinschaft erzeugt viel Resilienz, durch gegenseitige Hilfe, durch Identität, aber auch durch die gespürte Stärke im Verbund. 

Resilienz und die Folgen: was und wieviel sind wir bereit zu zahlen?

Sucht man im Internet nach den Kosten von Resilienz, so findet man viele kostenpflichtige Angebote für ein Resilienztraining. Aussagen zu den Kosten für Resilienz sind aber rar. Ein interessanter Artikel über den im Oktober 2020 veröffentlichten Global Medical Trend Rates Report beschreibt sogar den "Kostentreiber“ "Mangelnde Resilienz", und meint damit insbesondere die Kosten, nicht ausreichend auf Pandemien vorbereitet zu sein. 

Es gibt also verschiedene Perspektiven auf das, was wir für Resilienz aufbringen müssen. Insbesondere die Unterscheidung zwischen ‚notwendiger‘ Resilienz am unteren Ende, ohne die ein höchstes Risiko besteht, und der ‚hinreichenden‘ Resilienz, bei der ich relativ ruhig schlafen kann, ist schwer. Klare ‚Lessons Identified und Learned‘ tragen stets zu einer Entradikalisierung der politischen Landschaft, also zu politischer Resilienz, bei.

Als Ausgangsfrage muss zusätzlich klar sein, ob ich nur einen finanziellen oder anderen Verlust abgefedert bekommen muss, und so eine Versicherung ausreicht, oder ob in jedem Fall die Leistung garantiert sein soll. Konkret: ein Schiff auf hoher See, das untergeht, ist schmerzlich, aber ersetzbar – abgesehen vom tragischen Tod der Besatzung. Bei der Stromversorgung einer Intensivstation im Krankenhaus sieht es ganz anders aus. Und wenn die Elektronik aller Kampfpanzer mit einem gezielten Cyber-Angriff ausgeschaltet werden kann, hat fehlende Resilienz noch strategischere Bedeutung. 

Die Ausgangsfrage kann und muss vermutlich in jedem Einzelfall für sich beantwortet werden. Eine Faustregel ist deshalb nicht möglich, weil die vielen Parameter und Bewertungen der Rahmenbedingungen von Thema zu Thema und von Fall zu Fall unterschiedlich sind. Dennoch kann auch wissenschaftlich das Feld nicht unbestellt sein. Die Reihenfolge der Abschätzung notwendiger Investitionen in Resilienz erfordert fünf Schritte:

  1. Welcher Bedrohung unterliege ich?
  2. Wie resilient bin ich bereits, wo sind noch Lücken?
  3. Wie resilient muss ich angesichts einer Diversifizierung oder Rekonstruktionsfähigkeit sein?
  4. Welche Maßnahmen kommen für eine Resilienz in Frage?
  5. Was kosten diese Maßnahmen - bei der Investition und auf Dauer?

Das gilt für technische Ansätze ebenso, wie für politische und alle anderen. Interessant und zugleich herausfordernd ist, dass die Antwort von Frage zu Frage komplizierter zu werden scheint, man aber nicht unendlich Zeit hat, sie zu beantworten - eher fast keine Zeit - will man nicht grob fahrlässig sein. 

Konkret kann sich das jetzt jeder Leser am Beispiel seiner Heizung im Haus vor Augen führen. Die vom Wirtschaftsminister Habeck losgetretene Diskussion dazu kennen Sie alle, die politischen und gesellschaftlichen Wellen ebenso. Dennoch bedarf es einer jeweiligen Lösung! Und Heizungen kosten!... 

Das Gute an Krisen ist, dass sie ein Bewusstsein für die notwendige Resilienz neu oder erstmals wecken. Corona, die Flut im Westen der Republik, der Ukraine Krieg, das hohe Wählerpotenzial extremer Parteien in Europa, oder auch die Austrittswellen bei den christlichen Kirchen sind alles Beispiele dafür, dass uns (plötzlich) klar geworden ist, etwas zu verändern und krisenfester zu werden. Resilient zu sein, ist zumeist am kostengünstigsten, wenn wir sie von vornherein bei allen Planungen mit in die Überlegungen einbeziehen, was in keinem der o.a. Fälle ausreichend getan worden ist.

Anfangs investiert man am schwersten, aber auch am günstigsten. Wenn wir nicht, wie die Natur, Resilienz über das Ausbringen tausender Samen (wie bei Bäumen) oder vielfältiger Nachkommen (wie bei der Tierwelt) schaffen können, müssen wir diesen Weg der Resilienz-Effizienz gehen. Dieses Bewusstsein hilft der Schaffung von Resilienz, denjenigen, die dafür Gesamtverantwortung tragen, und allen, die von dieser Resilienz in Krisen profitieren. Dies zu berücksichtigen, zeugt von politischer Weitsicht.

Hilfe von außen: mit Anderen im Boot oder eigene Souveränität? 

In meinen Vorträgen habe ich mit Blick auf die Versorgung der Streitkräfte mit Ersatzteilen durch andere Nationen in Krisenzeiten manchmal scherzhaft die Frage gestellt, ob dabei Schweden zuverlässiger sei als Norwegen. Die fragenden Blicke konnten schnell auf den Punkt gebracht werden: häufig setzen wir die EU als eine Organisation ein, die für uns, wie das eigene Land, eine Leistung garantiert. Norwegen – als Nicht-EU aber NATO Mitglied – und Schweden - als (noch) Nicht-NATO aber EU-Mitglied – dürften wir in etwa gleich in ihrer Zuverlässigkeit einschätzen. Das Label "europäisch" besagt also nichts Garantiertes in Sachen Resilienz, obwohl wir es ganz oft als verstärkendes Adjektiv dabei verwenden.

Fragen wir deutlicher: wäre eine Ersatzteilversorgung bei einem gemeinsamen Waffensystem in Krisen- und Kriegszeiten durch Frankreich für uns sicherer, sprich resilienter, als durch die USA? Die transatlantischen Lieferwege sind sicher bei der Antwort einzubeziehen, aber bei den wirtschaftlichen und politischen Entscheidungen zu diesem Fragen in Paris oder Washington in besonderen Zeiten würde ich auf beide dieser zwei Hauptstädte den gleichen Einsatz wetten.

‚Sichere‘ Resilienz beginnt dort, wo Entscheidungen über das Ganze in einer Hand liegen, und dort auch getroffen werden. Das kann bei Ihnen persönlich bereits sein, vielleicht in Ihrem Bundesland, auch aber in dem jeweiligen Staat.

Zurückblickend wissen wir: Die Abhängigkeit in einer globalen Welt von ebensolchen Märkten hat in konfliktfreien Zeiten zu mehr Effizienz und zu vielfältigen Wertschöpfungsketten geführt. Der Ukraine Krieg und die Sanktionen gegen den Aggressor Russland sind dabei nicht folgenlos geblieben; die Corona-Pandemie führt bis heute zu einem Lieferengpass für Teile, die unter COVID 19 nur eingeschränkt oder gar nicht mehr produziert werden konnten. 

Resilienz ist damit wieder zu einem wichtigen Faktor für das Funktionieren nicht nur unserer Volkswirtschaft, sondern der gesamten Gesellschaft geworden. Die Forderung nach Resilienz ist gerade vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Abhängigkeit von Anderen überall hörbar. 

Über die Ebene der Resilienz besteht wenig Einvernehmen: ist sie in der Allianz (NATO), in der EU, national oder gar für einzelne Ressorts oder Produktionsbereiche herzustellen? Es hat also etwas mit ‚Sicherheit und Vertrauen‘ zu tun, für den Fall eines Engpasses in Krisen jeder Art eine mögliche gemeinsame Autarkie (ohne dass Egoismen sie prägt) zu entwickeln, oder es nicht zu tun. Resilienz ist also davon abhängig, ob wir diese Autarkie selbst schaffen können, und ob wir denjenigen im Krisenfall vertrauen dürfen, die mit uns diese Autarkie gemeinsam begründen. 

Was ist zu tun, wenn wir die ‚sicherste Variante‘, Resilienz national herzustellen, schon wegen der fehlenden Rohstoffe nicht schaffen? Wir sind daher auch vielfach u.a. im Energie-, Technik- und Produktionsbereich weltweit mit anderen Nationen vernetzt.

Bei der Technisierung und Digitalisierung von Streitkräften kommt es besonders darauf an, resilient zu sein. Angesichts der vielfältigen technologischen und operativen Herausforderungen gilt es hier, starke Partner einzubeziehen, mit all ihrer Leistungsfähigkeit. Trotz manchen Wissensvorsprungs Deutschlands sind daher das transatlantische Bündnis, die weltweiten stabilen Wertepartner, und natürlich auch die Staaten der europäischen Union essenziell.

Entscheidende Fragen bei der Einbeziehung von Partnern sind immer die folgenden fünf:

  • Brauchen wir die Partner, wie sie uns brauchen – utilitaristisch gemeint oder im Sinne einer gemeinsamen Tugend?
  • Ist Resilienz dadurch vorhanden, dass wir einen Puffer an Material für Krisenzeiten vorhalten?
  • Erkennen wir frühzeitig, wenn sich die Rahmenbedingungen für eine gesicherte Zusammenarbeit ändern und woran?
  • Wie sichern wir die Lieferketten und -wege? (Wegen dieser Frage musste vor Jahren ein Bundespräsident sein Amt niederlegen.)
  • Und letztlich: was tun wir politisch, um in jedem Fall auch bei Krisen mit diesen Ländern weiter zusammenzuarbeiten, auch wenn sie in kriegerische oder andere Konflikte involviert sind?

Während in Friedenszeiten der wirtschaftliche Vorteil den Weltmarkt prägt, ist es in Krisenzeiten der politische Egoismus und das eigene Überleben – wenn man nicht an etwas Höheres glaubt, was bei politischer Verantwortung nicht immer einfach ist. Corona hat gezeigt, wie sehr jede Nation zunächst an sich gedacht hat. 

Betrachtet man die umfangreichen Maßnahmen aller Bündnispartner zum Schutz der NATO angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine, könnte die zweite Behauptung in kriegerischen Fällen auch anders aussehen. Aber es war am 24. Februar 2022 – neben aller Bündnissolidarität – auch eine gehörige Portion der Ansicht mit dabei, dass der Krieg massiv auf den eigenen Staat überkippen könnte. Der Schock hat daher Mechanismen ausgelöst, die solidarisch klangen und auch waren, dennoch aber ganz wesentlich mit Blick auch auf das eigene Land und das Bündnis als Ganzes motiviert waren. Resilienz entsteht auch ganz wesentlich durch Egoismus und Verantwortung für den eigenen Bereich, - ob als Nation, Bundesland, Kommune, Verein, Gemeinschaft oder im Persönlichen -, aber das darf und ggf. muss sie auch.

Für den Umgang miteinander und untereinander sind in Bezug auf die notwendige Resilienz weder ausschließliches Misstrauen und ein stetes Tit-for-Tat, noch ein grundloses kindliches Vertrauen in den Anderen sinnvoll und angebracht. 

Weder Sunzis Strategien im Krieg noch das Ende der Geschichte von Francis Fukujama und in Folge eine große internationale Brüderlichkeit werden die richtigen Wege bestimmen (obwohl beide Bücher lesenswert sind). Aber Realpolitik - jenseits von doktrinärem Partei- oder Gesellschaftsglauben - ist mehr denn je angebracht. Die Etiketten, mit denen wir an der Brust so prahlend herumlaufen, sind dabei abzulegen. Resilienz fordert nicht Freund- oder Feind-Denken, aber eine gehörige Portion an Aufmerksamkeit, Ehrlichkeit und Realismus bei der Auswahl und im Umgang mit Resilienzpartnern. Man könnte es auch mit der Kardinaltugend der ‚Klugheit‘ beschreiben.

Lösungsansätze: Vogelstrauß, schrittweise oder Big Bang?

Was im Cyberbereich - wie im persönlichen - oft nicht geht, und auch politisch dünnes Eis ist, hat hier und da bisher (mehr oder weniger) staatlich noch funktioniert: Trittbrettfahrer bei der Herstellung von Resilienz zu sein, den Kopf vorerst in den Sand zu stecken und eine Vogelstrauß Politik zu betreiben. Es ist insbesondere der Bundesrepublik Deutschland in den letzten Jahren im Verteidigungs- und Energiebereich immer wieder vorgehalten worden. 

Ferner ist es nicht erstaunlich, dass Nationen wie Finnland und Estland führend in der Cyber-Abwehr sind, wie das Signal Magazin der AFCEA in seiner Juli 2023-Ausgabe unter dem bemerkenswerten Titel: "Facing the Valley of Death amidst Russian Cyber Threats" beschreibt. 

Demnach investiert Finnland drei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für die Cyber-Abwehr, Estland immerhin 1,8 Prozent (als Zahlen aus 2021). Betroffenheit schafft Handlungsbedarf. 

Eine Vogelstraußpolitik dürfte in Zukunft kaum mehr möglich sein. Resilienz wird ‚unabdingbar‘, auch wenn das Wort in den letzten Jahren zunehmend missbraucht worden ist. Die Menschen fühlen sich vielfach bedroht und fordern eine Lösung. Wie am 26. August 2023 berichtet wird, fühlt sich z.B. eine Mehrheit von fast drei Fünfteln der Bürger in Deutschland einer Umfrage zufolge über die Kooperation zwischen China und Russland besorgt. 

In einer Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag der Zeitschrift „Internationale Politik“ antworten 59 Prozent mit 'Ja' auf die Frage, ob ihnen die immer engere politische, wirtschaftliche und militärische Zusammenarbeit sehr große oder große Sorgen mache. Äußere Sicherheit und ihre möglichen Folgen sind in den Köpfen der Menschen wieder angekommen, was durchaus ein heilsamer Effekt des Ukrainekrieges ist. 

Und auch ganz im Persönlichen hat Resilienz inzwischen ihren Platz. Die unter Corona erlebte Toilettenpapier-, Nudeln- oder Mehl-Knappheit hat eine Menge bei den Menschen bewirkt, so bedeutungslos man die damaligen Fehlmengen einschätzen mag. 

"Never forget 2020" prägt der Titel einer im 3D-Drucker produzierbaren kleinen Toilettenpapier-Rolle aus Plastik einige Schreibtische. Betroffenheit schafft Handlungsbedarf, auch hier. 

Wir haben gesehen, dass in allen Bereichen des Lebens, der Politik und Gesellschaft Resilienz recht komplex ist. Bis auf die im Leben nicht oft vorkommenden Neuanfänge, bei denen gleich von vornherein auf eine resiliente Auslegung geachtet werden kann, erreicht man sie zumeist nur schrittweise. Dazu müssen der Wille und die dafür aufzuwendenden Mittel aber vollständig vorhanden sein. 

Als konkretes erstes Beispiel: wenn ich meine Gesundheit durch ein Laufprogramm stabilisieren will, muss ich mir gleich zu Anfang Laufschuhe kaufen, auch wenn die körperliche Resilienz erst über Wochen und Monate entsteht. Oder als zweites: Wenn die 'Bahn' im Winter weniger Verzögerungen durch Eis und Schnee haben möchte, muss sie jetzt in neue Weichen investieren. Und als drittes: Wenn die Übertragung von Daten sicherer gegen Cyber-Angriffe werden soll, müssen wir heute in redundante Glasfasernetze investieren. Ein schrittweises Vorgehen mit festem Willen und allokiertem Geld, das nicht bei jedem Regierungswechsel umgeworfen oder bestenfalls neu erfunden und ausgestaltet wird, kann Resilienz am ehesten und am sichersten herstellen.

Ähnlich wie sich die Umstellung auf Resilienz bei wirtschaftlichen Fragen nach den neuerlichen Krisen und Krieg gerade sinnvoll schrittweise vollzieht, ist sie auch in technischer und militärischer Blickrichtung schrittweise anzugehen. Erste Schritte werden dazu unternommen. 

Die 100 Mrd. Euro sind jedoch zunächst ein Nachholen der Versäumnisse der Vergangenheit. Zuversicht gibt es nur, wenn auch die mittelfristige Planung sich weiterhin finanziell auf mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts stabilisiert. Auch dazu wäre ein iteratives Vorgehen in der Finanzplanung mit klaren politisch fixierten und bindenden Schritten hilfreich.

Eine eher grundlegende, aber wichtige Perspektive zur politischen Debatten- und Entscheidungskultur darf am Schluss dieses Kapitels nicht fehlen: "Deutschland zeigt eine Art Traumatisierung", sagt der Sozialwissenschaftler Klaus Hurrelmann, wie man im Bonner Generalanzeiger in einem bemerkenswerten Artikel am 20. August 2023 unter dem Titel "Nur Schwarz oder Weiß" lesen konnte. 

Aufgrund der ewig andauernden Debatten und einer politischen Orientierungslosigkeit werde die Bevölkerung nicht mehr mitgenommen und [diese] ziehe sich als Folge "frustriert ins Privatleben zurück". Eine "affektive Polarisierung", so der Artikel, sehe Andersdenkende bestenfalls als dumm, "am liebsten aber als teuflisch böse" an. 

Ob Sie diese Ansicht teilen oder nur Elemente davon erkennen können, es gilt in jedem Fall: Bei allem Pluralismus, bei allen notwendigen politischen Debatten, bei aller Akzeptanz des Andersdenkenden, ist Verantwortung mit der notwendigen Konsensfindung und politischen Führung verbunden. Wo sie fehlt, wo angeblich unversöhnliche Meinungen nicht im Kompromiss politisch und gesellschaftlich zusammengebunden werden, wo ewig diskutiert wird und wir nicht mehr ‚zu Potte kommen‘, wie man in Westfalen sagt, da entstehen entweder Chaos, innere Immigration oder extreme Randerscheinungen. Kompromissfindung unter gleichen Zielen, in angemessener Zeit, und mit Klarheit in der Sache schafft Resilienz. Primadonnen sind auf der Bühne wichtig, in Verantwortung sind es eher die strategisch denkenden Fachleute. 

Das gilt wohl in allen Bereichen: politisch, gesellschaftlich und im Kleinen. Resilienz wird davon sehr abhängig sein, vor allem in der ‚Berliner Dunstglocke‘. 

Fazit: Zurück in die Zukunft und zugleich alles neu!

Haben Sie während des Lesens dieses Artikels ein Fazit für sich selbst gezogen? Sind Sie sicher, dabei alle Parameter, den notwendigen Einsatz, die richtige Zeit und das Maß Ihrer Resilienz ausreichend und richtig abgeschätzt zu haben? Dann sind Sie zu beneiden. In den allermeisten Fällen begleitet die Antwort: "Resilienz ja" nicht unbedingt ein konkretes: ‚Und nun!‘. Auf Veränderung zu hoffen, ohne dafür etwas zu tun, ist aber leider wie am Bahnhof auf ein Schiff zu warten… 

Dennoch: Die Entscheidung, resilienter zu werden gegen die Krisen unseres Lebens, gegen die äußeren Einflüsse, und für ein nicht aus den Fugen geratenes Leben, ist bereits ‚der‘ wichtige Schritt. Denn bislang haben wir zumeist nur aus Katastrophen gelernt: 

eine Geschwindigkeitsbegrenzung wurde nach einem Unfall etabliert, eine Deicherhöhung nach einem Hochwasser, und eine moderne Ausstattung der Bundeswehr nachdem wieder Krieg in Europa ist. Wollen wir auch in unserem persönlichen Leben weiter nur aus den ebenso persönlichen Katastrophen lernen? Eine solche Frage klingt töricht oder gar satirisch. Aber dann muss die Antwort konkreter als ein ‚ja‘ sein. 

Vielleicht beginnen wir mit den drei göttlichen Tugenden, Glaube, Hoffnung und Liebe. Sie sind Resilienz-fördernd, glaubt man Martin Schneider und Markus Vogt und ihrem großartigen Artikel "Glaube, Hoffnung, Liebe als Resilienzfaktoren - Theologisch-ethische Erkundungen", von 2016. Die Tugenden erweisen sich danach als Kräfte. Sie werden Ängste relativieren, zu einer kritischen Zuversicht motivieren und die Zuwendung zu anderen Menschen fördern, so die Autoren. Gottvertrauen wird niemals allein für sich ohne die Tat ausreichend sein. Aber ein machtvoller Glaube gibt Zuversicht, was eine wichtige Grundvoraussetzung für Resilienz ist. 

Gerade komme ich aus einem Konzert, bei dem Musiker wie Sänger Großartiges geleistet haben. Meinen Artikel im Kopf, habe ich mich gefragt, ob sie für ihre Künste wohl etwas tun, um resilient gegenüber Erkältungen, gegenüber einem 'zu spät kommen', oder anderen Hindernisgründen zu werden. Ich würde z.B. auf den Vorabend des Konzerts definitiv keine durchzechte Nacht legen. Manchmal ist Resilienz auch ganz einfach 'logisch'…

 


 

1 Wie anders konnte der Muslim Mithat Gedik 2014 im Dorf Sönnern bei Werl im Sauerland Schützenkönig in einem der konservativsten Vereine Deutschlands werden… Und zugleich haben - um ein neueres Beispiel aus diesem Jahr 2023 zu bringen - viele CDU-Ortsverbände im Stammland des CDU Parteivorsitzenden, Friedrich Merz, eine Zusammenarbeit mit der AFD abgelehnt, obwohl ihr Parteivorsitzender auf kommunaler Ebene sich dieses hätte vorstellen können.