Hamburg - 02.12.2022

Kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen – altes Motto brandaktuell?!

Generalinspekteur Eberhard Zorn

Eberhard Zorn ist Generalinspekteur der Bundeswehr. Er trat im Jahr 1978 an der Artillerieschule Idar-Oberstein in die Bundeswehr ein und studierte Wirtschafts- und Organisationswissenschaften an der Hochschule der Bundeswehr in Hamburg. Vor seiner Ernennung zum Generalinspekteur war er unter anderem Leiter der Abteilung Personal (2017 bis 2018) und Leiter der Abteilung Führung Streitkräfte (2015 bis 2017) im Bundesministerium der Verteidigung sowie Kommandeur der Division Schnelle Kräfte (2014 bis 2015) in Stadtallendorf.

Der russische Angriff auf die Ukraine mit seinen verheerenden lokalen und globalen Folgen wird zu Recht als „Zeitenwende“ bezeichnet. In militärischer Terminologie entspricht dies einer „grundlegenden Lageänderung“: Nach den durch Auslandseinsätze geprägten zurückliegenden 20 Jahren erfordert Landes- und Bündnisverteidigung als Kernauftrag der Bundeswehr die Wiederherstellung ihrer vollen Einsatzbereitschaft in allen Bereichen – unter besonderer Berücksichtigung des Einsatzwertes, der vermeintlich weiche Faktoren einschließt.

Schon in der Zeit des Kalten Kriegs waren der innere Zustand und die Moral entscheidend für die Glaubwürdigkeit der Abschreckung. Die Innere Führung wurde auf Grundlage der Erkenntnis konzipiert, dass höchste militärische Schlagkraft gerade durch konsequente Bindung der Streitkräfte an die freiheitlich demokratische Grundordnung sowie durch die Ausrichtung des moralischen Kompasses an Rechtsordnung und Menschenbild des Grundgesetzes erzielt wird.

Vor dem Hintergrund der russischen Kriegsführung und des erfolgreichen Verteidigungskampfs der Ukraine zeigt sich mit aller Deutlichkeit der Wert dieser am „Dienen wofür“ orientierten Organisations- und Führungsphilosophie. Ihre Weiterentwicklung beinhaltet zugleich eine Rückbesinnung auf Kernkriterien wie Praxisnähe und Verständlichkeit, Führen durch Vertrauen und Vorbildhaftigkeit sowie die Bedeutung soldatischer Erziehung.

Unter anderem die bewusste Auseinandersetzung mit den Härten des Dienstes, ein umfassender Persönlichkeitsbildungsansatz zur Erhöhung der Handlungssicherheit und Resilienz, entsprechende sanitätsdienstliche und seelsorgerische Betreuung sowie ein starker gesellschaftlicher Rückhalt bilden Voraussetzungen glaubwürdiger Konfliktfähigkeit und Wehrhaftigkeit. „Kämpfen können und wollen, um nicht kämpfen zu müssen“: Der abgewandelte Leitspruch aus dem Kalten Krieg bringt das Festhalten an Bewährtem bei gleichzeitiger Neujustierung zum Ausdruck.

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