Targeted Killing – Legitimes Töten? Tagesseminar des „Zentrums für ethische Bildung in den Streitkräften“ in Bonn

General i. R. Karl-Heinz Lather führte aus militärischer Sicht in das Thema ein. Vor dem Hintergrund der Diskussionen über die Entscheidung von Oberst Klein im Herbst 2009 war die Aktualität gegeben. Dem schloss sich eine umfassende juristische Betrachtung aus Sicht des Völkerrechts durch Dr. Nils Melzer an, der als Experte und Mitarbeiter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz tätig ist.

Prof. Dr. Asa Kasher, emeritierter Militärethiker der Universität Tel Aviv, informierte aus der Praxis eines Landes, das sich täglich mit der Bekämpfung von Terroristen auseinandersetzen muss. Abgerundet wurde die Perspektive auf das Thema durch den Vortrag von Dr. Bernhard Koch, der als Experte für Moralphilosophie am Hamburger Institut für Theologie und Frieden zum philosophischen Hinterfragen des Konzepts des gezielten Tötens einlud.

Über sechzig Teilnehmer konnten sich so über die genaue Abgrenzung des Begriffs des „gezielten Tötens“ klar werden. Dr. Melzer stellte fünf Kriterien auf, die ein solches Vorgehen nach dem Verständnis des Völkerrechts erfüllen muss. Um die Tragweite dieser militärischen Handlungsweise nachvollziehbar zu machen, wurden die Prozesse hinter der Entscheidung zum gezielten Töten aufgezeigt. General Lather stellte den ausführlichen Weg der Beratung und Entscheidung auf internationaler und nationaler Ebene dar, bei dem aus politischen Vorgaben die operative und schließlich die taktische Ebene entwickelt werden. Dabei stellten sowohl Lather als auch Kasher fest, dass das angestrebte Ziel beim Einsatz von „Targeted Killing“ nicht missachtet werden darf. Es steht immer die Vermeidung von Schaden im Vordergrund. Kasher führte dies auf die zwei für ihn elementaren Aufgaben eines Staates zurück. Zum einen muss der Staat die Sicherheit seiner Bürger vor inneren und äußeren Feinden gewährleisten. Zum anderen muss er zu jedem Zeitpunkt für die Menschenwürde eintreten. Dies führt zu der Folgerung, dass – wenn immer möglich – vor dem gezielten Töten ein anderes, schwächeres Mittel anzuwenden ist. So betonte Lather, dass die deutschen Handlungsanweisungen meist die Festnahme als Ziel haben und auch die britischen Soldaten von „Capturing Operations“ sprechen. Dieser hohe Maßstab zeigt auf, welche Last auf dem Entscheidungsträger liegt, der eine Maßnahme befehligen soll, die möglicherweise auch „Targeted Killing“ vorsehen kann.

Das gezielte Töten eines Terroristen birgt unter Umständen das Potenzial in sich, viele Menschenleben vor Gefahr zu schützen. Doch stehen dieser Vorgehensweise hohe Wertprinzipien gegenüber. Kasher betonte, dass ein Staat auch beim Umgang mit Terroristen die Menschenwürde achten muss. Dies kann in dem Versuch der Festnahme Ausdruck finden. Koch gab zu bedenken, dass das Töten eines Menschen immer Schuld voraussetze. So ist fraglich, ob allein eine vermutete Bedrohung das Töten einer Person rechtfertigen kann. Weiter meinte er, dass es fragwürdig ist, ob ein subjektives Bedrohungsgefühl grundsätzlich ein Beweis für eine reale Bedrohung sein kann, denn für Bedrohungen gibt es nur in seltenen Fällen nachweisbare empirische Belege.

Sandra Bialek

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